Habe ich dir schon erzählt?
Habe ich dir schon erzählt, wie wir uns mit deinem Opa kennengelernt haben? Ja? Macht nichts, ich erzähle es dir nochmal …“
Es ist im Schneewinter des Jahres 1952 gewesen, als Oma und Opa sich zum ersten Mal begegneten. Eines Abends ging die Tür des warmen Zimmers im Dorf breit auf und zu den werkelnden Mädchen kam eine Gruppe von Jugendlichen herein. Mit ihnen kam der Schneewind, Lärm und Gelächter herein. Verfroren stellten sie sich um den bollernden Holzofen herum, um sich die Hände aufzuwärmen.
Ein blauäugiger Jüngling, in dem sich alle Mädchen verguckten („alle ohne mich“, behauptete Oma) lehnte sich gegen die Wand, paffte herausfordernd an seiner Zigarre (wie es damals modern war) und neckte lächelnd den Freundinnen zu.
Dann hob das Mädchen-meine-Oma den Kopf von der Stickerei hoch, schaute schief zu ihm rüber und sagte wie anvertrauend, aber doch hörbar für alle im Zimmer: „Pfui, der raucht ja einem kaputten Holzofen gleich!“
Und Opa, weil er der Junge mit der Zigarre war, schaute sie aufgeheitert an und mit dem gleichen „diskreten“ Ton erwiderte er: „Merke dir mein Wort. Wir zwei kommen zusammen und dieser rauchende Holzofen wird ein Leben lang an deiner Seite bleiben.“
Im September feierten sie ihre kleine bescheidene Hochzeit – Oma, die Halbweise aus dem Dorf Zasmyanovo, und Opa, der Sohn von Fischern aus Gebedja. Danach kamen Tante und Mutter zur Welt. Und dann ich – die älteste der vier Enkelkinder.
Und da vor einigen Jahren Oma unsere Welt für den Himmel von Opa tauschte, erzähle ich jetzt die Geschichte. Ich möchte, dass sich meine Kinder auch an meinem: „Habe ich dir schon mal erzählt? Macht nichts, ich erzähle es wieder!“ erinnern.
Liebe und Licht, Oma und Opa!